Reaktoren: Welche sind gefährlich und welche nicht?
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Leistungsreaktoren besitzen ein oder mehrere Rückhaltesysteme, um im Falle eines schweren Reaktorunfalles die Freisetzung von Radioaktivität großteils zu verhindern. Sie bestehen aus Filter- und Sprinklersystemen, die die in die Gebäudeluft freigesetzten Radionuklide auswaschen und im Waschwasser binden. Um eine noch höhere Rückhaltung von Radioaktivität bei schwersten Unfällen zu erreichen, werden westliche Leistungsreaktoren seit mehr als 30 Jahren mit sogenannten Containments ausgestattet. Diese Beton- oder Stahlkonstruktionen sollen im Falle einer Kernzerstörung das Entweichen der radioaktiven Substanzen in die Atmosphäre verhindern.
Dies zeigte sich auch beim Unfall in Three-Mile-Island, bei dem ähnlich große Anteile des Reaktorkerns wie in Tschernobyl geschmolzen sind, aber die Belastung der Umgebung nur etwa ein Zehntausendstel jener von Tschernobyl ausmachte. Außer in Temelin besitzt in der Umgebung Österreichs keiner der sowjetisch gebauten Kernkraftwerksreaktoren ein solches Containment!
Die erste Generation der sowjetisch gebauten Reaktoren (WWER440 Typ 230, z.B. Bohunice Block 1 und 2) besitzt lediglich eine "Hermetische Zone" mit einem Sprinklersystem, das aber keinesfalls die Sicherheit eines Containments bietet. Die zweite Generation dieses Reaktortyps, der WWER440 Typ 213 (Bohunice Block 3 und 4, Dukovany alle 4 Blöcke, Paks alle 4 Blöcke sowie Mochovce) besitzt anstelle eines Containments ein sogenanntes "Barbotaschsystem". Dieses besteht aus einem etwa 30 m hohen Turm mit einem automatisch arbeitenden "Wäschersystem", das bei Kernschmelzen den freiwerdenden Dampf kondensiert, die freigesetzte Radioaktivität auswäscht und so eine Freisetzung in die Umgebung verhindern soll.
Bei allen anderen Kraftwerksreaktoren in der Umgebung Österreichs handelt es sich um Leichtwasserreaktoren mit vollwertigem Containment. Allerdings kann auch das Containment versagen. Bei Untersuchungen in der BRD sowie in den USA wurde festgestellt, daß ein solcher Defekt nicht sofort, sondern erst nach Stunden oder Tagen auftreten würde.
Dadurch ergeben sich Vorwarnzeiten, die die Behörden zur rechtzeitigen Warnung der Bevölkerung nützen. Bei einem Unfall in Bohunice 1 oder 2, wo kein Containment und kein Barbotaschsystem existieren, würden die Vorwarnzeiten allerdings nur einige Stunden betragen. Aufgrund bestehender Meldesysteme mit den Nachbarstaaten würde Österreich aber auch in diesen Fällen unverzüglich informiert werden. Zusätzlich gibt es von unserem Nachbarland Slowakei eine direkte Übertragung der Anzeigen des slowakischen Strahlenfrühwarnsystems. Bei einem Unfall würden wir daher nicht - wie beim Reaktorunfall von Tschernobyl - erst durch die Meldungen unseres Strahlenfrühwarnsystems alarmiert werden.
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