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Industrieunfälle: Giftige Gaswolken

Chemie/ Gifte/ Toxische Stoffe/ Dämpfe

Die Freisetzung toxischer Gaswolken führt generell nur zu einer kurzzeitigen Belastung, deren Intensität aber sehr von der Art des beteiligten Stoffes abhängt. Die toxische Wirkung kann sowohl vom freigesetzten Stoff, als auch von unerwünschten Reaktionsprodukten, die bei dem Unfall entstehen, ausgehen. Bedeutend sind auch die Lagerungsbedingungen, da die ausgetretene Menge nicht nur von der Größe der Leckage sondern auch von Druck, Temperatur usw. abhängt. Aufgrund der etwa 100.000 Substanzen, die bei der industriellen Verarbeitung hauptsächlich verwendet werden, ist eine genauere Beschreibung des möglichen Unfallgeschehens praktisch nicht möglich. Grundsätzlich muss aber gesagt werden, dass dieser Unfalltyp sicherlich der mit den potentiell größten Gefährdungsdistanzen ist.

Der Austritt einer giftigen Gaswolke und deren Ausbreitung über bewohntem Gebiet ist sicher der Unfalltyp mit der größten Gefährdung für die Bevölkerung. Der Ereignisablauf hängt vor allem von den Lagerungs- bzw. Transportarten und den physikalischen Eigenschaften der Gase ab. Die meisten industriell eingesetzten Gase sind schwerer als Luft (Schwergase), bleiben daher nach Freiwerden in Bodennähe liegen und folgen den Gefällsverhältnissen.

Nach der Lagerungsart, die Einfluss auf das Ausbreitungsverhalten hat, unterscheidet man:

- Unter Druck gelagerte oder gelöste Gase.
Nach Austritt aus einem Leck entspannt sich das Gas auf den Umgebungsdruck der Luft, wodurch es zu einer Volumsvergrößerung kommt. Das weitere Verhalten hängt ausschließlich von den örtlichen klimatischen Bedingungen ab (Windrichtung, Luftfeuchtigkeit usw.) Beispiel: Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff, Azetylen (besondere Gefahr im Brandfall)

- Tiefkalt verflüssigte Gase.
Diese sind im Behälter auf oder unter dem Siedepunkt des Gases abgekühlt und bilden beim Auslaufen eine Lache. Sie verdampfen durch Wärmezufuhr des Bodens oder aus der Umgebung. Beispiel: Luft, Helium, Sauerstoff

- Unter Druck verflüssigte Gase (häufigster Fall).
Beim Austritt verdampft ein Teil des verflüssigten Gases spontan (Flash-Verdampfung), ein weiterer Teil zerstäubt sich in Form feiner Tröpfchen (Aerosol), der Rest bildet eine Lache am Boden und dampft dort langsam ab. Dieser Fall ist der gefährlichste Unfalltyp, da die spontane Verdampfung zu einer sehr schnell auftretenden Spitzenkonzentration des giftigen Stoffes führt. Beispiel: Propan, Butan, Chlor

- Unter Druck verflüssigtes Ammoniak.
Ammoniak verhält sich zwar ähnlich wie andere unter Druck verflüssigte Gase, gleichzeitig kommt es aber zu einem frühzeitigen Verdunsten der Aerosoltropfen. Es entsteht eine sehr kalte Mischwolke mit einer höheren Dichte als Luft. Der Austritt von Ammoniak zählt auch deshalb zu den gefährlichsten Fällen, da das Austrittsverhalten nur sehr schwer prognostizierbar ist.

Die Gefährlichkeit von Gaswolken ist auch im hohen Ausmaß von der Freisetzungsgeschwindigkeit abhängig. Geht man von einer momentanen Freisetzung einer großen Menge eines besonders giftigen Stoffes (z.B. Chlor) aus, so können bereits nach wenigen Minuten in Entfernungen von einigen 100 Metern in der Hauptwindrichtung tödliche Konzentrationen auftreten. Da aber nach einigen Minuten auch mit dem Ansprechen von Sicherheitseinrichtungen zu rechnen ist, bzw. bei den meisten Gasen der oben beschriebene Verlauf einer Flash-Verdampfung auftreten wird, nimmt die Konzentration an der Austrittsstelle wieder rasch ab.

Bei der industriellen Verarbeitung häufig verwendete Gase (Dämpfe)

Gase (Dämpfe)
leichter als Luft

relative Dampfdichte, bezogen auf Luft (=1)

Ausbreitungsverhalten

Gefahr im Freien

Gefahr in geschlossenen Räumen

Wasserstoff0,0695steigen nach obenvorwiegend am Entstehungsort gefährlich, steigen schnell auf und werden durch Vermischung mit der Luft verdünntbesonders gefährlich
Helium0,136
Methan (Erdgas)0,5543
Ammoniak0,597
Azetylen0,9107
Blausäure (Zyanwasserstoff0,9359
Stickstoff0,967
Kohlenmonoxid0,967
Äthylen0,974


Luft = 1

Gase (Dämpfe)
schwerer als Luft

relative Dampfdichte, bezogen auf Luft (=1)

Ausbreitungsverhalten

Gefahr im Freien

Gefahr in geschlossenen Räumen

Äthan1,0488sammeln sich ähnlich wie Flüssigkeiten am Boden und insbesondere in Vertiefungen wie Kellern, Kanälen, Senken, usw. an

besonders gefährlich, insbesondere in Tieflagen, geringe Verflüchtigung

besonders gefährlich, insbesondere im Keller, geringe Verflüchtigung
Formaldehyd1,1
Methanol1,1
Schwefelwasserstoff1,191
Chlorwasserstoff1,27
Äthylenoxid1,5
Kohlendioxid1,5
Propan1,5617
Äthanol1,6
Butadien1,8832
N - Butan2,0665
Azeton2,0
Akrolein2,0
Vinylchlorid2,17
Chlor2,486
N - Pentan2,5
Diäthyläther2,6
Schwefelkohlenstoff2,6
Benzol2,77
Phosgen3,34
N - Heptan3,5
O-Xylol3,7
N - Oktan4

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